Anmerkungen und Nachweise zu „Teil, Abschnitt, Satz“

  • vier-teilig:  Markus Kiesel spricht in seiner gründlichen Analyse des Violinkonzerts von „Teilen“ und legt sich auf eine Vierteiligkeit „wie schon in den vorausgegangenen Werken“ fest (S. 107). Dabei entspricht der 170 Takte lange Teil 1 dem ersten Satz (die viertaktige Überleitung wird zum zweiten Teil gezählt); der zweite Satz wird als dreiteilig gesehen (Teil 2: 176 Takte bis Ziffer 31, als „Scherzo mit trioartigem Mittelteil“; Teil 3 155 Takte bis Ziffer 42, „einem Finalsatz ähnlich“; Teil 4: 111Takte, „mit Reprisen- und Codafunktion“. – Nun muss ja, dass vorangegangene Werke vierteilig waren, keineswegs bedeuten, dass auch das Folgewerk vierteilig ist – diese Gliederung scheint mir aber auch aus anderen Gründen wenig überzeugend. Das beginnt damit, dass durch das Prinzip der Taktzählung langsame 4/4-Takte mit raschen 6/8-Takten gleichgesetzt werden; damit wird eine annähernde Gleichgewichtigkeit der Teile suggeriert, die zeitlichen Proportionen sind aber ganz andere. Zum anderen scheinen mir die Gliederungspunkte im zweiten Satz recht willkürlich gesetzt: Warum sollte bei Ziffer 42, mitten in einer Steigerungsepisode, ein neuer Formteil beginnen? Nicht zuletzt: In der thematischen Analyse bleibt das wichtige volkstanzhafte Thema 4, das sich durch den gesamten zweiten Satz zieht und die drei „Teile“ zu einem großem zusammenbinden hilft, vollkommen unberücksichtigt, wie denn überhaupt die vereinheitlichenden Strukturelemente nicht genügend gewichtet werden.
  • Es ist unsinnig:  vgl. Heldt, Untersuchungen, S. 137. – Ebenso unsinnig ist, die Satzfolge Langsam-Schnell als eine Schwundstufe einer Komplettform zu verstehen,  als eine „in bewußter Gestaltung eines Torsos […] von klassizistischen Ideen initiierte Unvollständigkeit“ (S. 134) – wie es grundsätzlich problematisch ist, ein Kunstwerk an Normen und Modellen zu messen, die es gar nicht erfüllen will. – Zu Heldts „Untersuchung“ zu Wagners Violinkonzert vgl. meine kritischen Bemerkungen in den Anmerkungen und Nachweisen zu „Musik der Trauer – Musik des Traums“.
  • eine zyklische Form:  vgl. den Artikel „Cyclic form“ in der englischen Wikipedia. (Cyclic form is a technique of musical construction, involving multiple sections or movements, in which a theme, melody, or thematic material occurs in more than one movement as a unifying device. Sometimes a theme may occur at the beginning and end“. – https://en.wikipedia.org/wiki/Cyclic_form, abgerufen am 22.4.21)