Haiku der Woche 19

„Schmetterling“ ist ein kigo, ein „Jahreszeitenwort“, für den Frühling. Nun lassen die Schmetterlinge hier in Norddeutschland noch auf sich warten, so dass wir von ferneren, wärmeren Weltgegenden träumen, zum Beispiel von Südamerika. Deswegen also zwei wunderbare Gedichte mit einer mariposa (im Spanischen ist der Schmetterling weiblich).

Humberto Senegal war Präsident der Kolumbianischen Haiku Gesellschaft. Sein bildkräftiges Haiku lässt sich übersetzen mit: „Aus dem Nebel taucht in seiner ganzen Farbenpracht auf: der Schmetterling.“ Weil ich mit neblina statt niebla Schwierigkeiten hatte, bat ich meine Freundin Tita von Rössing (Rössing und Guayaquil/Ecuador) um Rat: „Der Unterschied zwischen niebla und neblina ist die Intensität des Phänomens: Ersteres ist dichter und lässt nur eine geringe Visibilität zu. Zweiteres ist sozusagen ‚niebla-light‘. Der Unterschied hängt mit also mit der Dichte der Wasserpartikel zusammen.“

Der 1923 geborene Ertore José Palmero hat mehrere Bände mit Haiku und anderen Gedichten veröffentlicht. Für ihn sind Haiku „an excellent way to improve global understanding and friendship“. Sein wundervolles Haiku übersetze ich mit: „Der Schmetterling weiß nicht, dass er zwischen Gräbern flattert.“ Ich habe es schon vor vielen Jahren zum Motto eines melancholischen Tangos, der sich hier findet, ernannt.

 

De la neblina

llega con todo su color

la mariposa

Humberto Senegal

 

La mariposa

desconoce que vuela

entre sepulcros

Ertore José Palmero