Haiku der Woche 14 – 4. April 2021

Ostersonntag. Während die Japaner sich über eine ungewöhnlich frühe Kirschblüte freuen, erwarten wir Norddeutschen einen Spätwinter mit Eis und Schnee. In der Kirche ist es bitter kalt, die Osterfeuer sind wegen des Versammlungsverbots abgesagt. Keine Blumen, kein Sonnenschein, auch kein Schatten der Erde – aber am Schokohasen dürfen wir noch knabbern.

 

offene münder
a
m leeren grab – wie leben
o
hne stein davor

Cornelius Reinsberg

            

Kerzenlicht
d
er Engel aus Holz lächelt 
s
eit Jahrhunderten

Genevieve Rey

 

Man sagt mir, sie sind
s
chon da, die Blüten in Kyoto.
Ich 
schließe die Tür.

Wolfgang Volpers

            

„Sag Osterhase,
G
ibt es dich?“ – „Klar, ich schmeck doch
N
ach Schokolade.“

Hans Helmut Kehr

 

Das zweite Gedicht, hier in einer Übersetzung von Klaus-Dieter Wirth und gefunden in einem seiner Aufsätze im „Sommergras“, der Vierteljahresschrift der Deutschen Haiku Gesellschaft, lautet im französischen Original:
lueur de cierges
l’ange des bois sourit
depuis de siècles

Die drei anderen Gedichte sind Originalbeiträge, HH Kehrs übrigens mit dem Motto versehen: „… ergo sum!“ – Wer noch einmal Bashōs Bestes, nämlich sein beeindruckendes Kyoto-Gedicht lesen will, findet es hier.