Haiku der Woche 34 – 20. August 2023
Ayumi, die junge Pianistin in Ferdinand von Schirachs Buch „Kaffee und Zigaretten“, liebt ein Haiku, „das der Mönch Ryokan kurz bevor er starb einer Nonne diktiert hatte“. Sie schreibt es dem Erzähler in Deutsch und Japanisch auf eine Papierserviette. Haiku, sagt sie, seien so unmittelbar wie Musik, jeder Mensch werde sie sofort verstehen. Und der Erzähler ergänzt, nachdem er von dem frühen Tod Ayumis berichtet hat: „Haiku sagen genau das, was sie sagen wollen, nichts anderes. Das Bild eines Haikus ist sofort da, es ist einfach, und es ist vollkommen.“
Mal zeigt es die Rückseite,
mal die Vorderseite,
ein Ahornblatt im Fallen
Ryōkan
Von Ryōkan (1758 – 1831) sind nur 113 Haiku überliefert, schreiben Eduard Klopfenstein und Masami Ono-Feller. Bei ihnen findet sich auch ein Haiku, das gut zum bevorstehenden Herbst passt.
Mit einem Handtuch
verheimlicht er sein Alter
beim Bon-Fest-Tanzen
Ryōkan
Ferdinand von Schirach: Kaffee und Zigaretten, Luchterhand 2019
Eduard Klopfenstein und Masami Ono-Feller: Haiku – Gedichte aus fünf Jahrhunderten, Reclam 2017