Haiku der Woche 44
Die Sonne geht heute in meiner Heimatstadt um 16 Uhr, 59 Minuten und 39 Sekunden unter; die bürgerliche Abenddämmerung endet um 17 Uhr 34 Minuten und 30 Sekunden. Nachmittags um halb sechs ist es zappenduster – der Herbst macht ernst.
Masaoka Shiki (1867 – 1902) ist der letzte der „Großen Vier“ der japanischen Haiku-Dichtung. Er erlebte, bevor ihn die Tuberkulose mit 35 Jahren dahinraffte, gerade noch den Anbruch des 20. Jahrhunderts: Plötzlich ist in Haiku auch von Bahngleisen, Dampfbooten und Telegraphen die Rede. Ich habe drei eher traditionelle Herbst-Gedichte ausgesucht.
Im alten Tempel
wird ein Licht angezündet.
Das bunte Herbstlaub.
Im Sterben liegen
die Zikaden des Herbstes,
lärmen noch lauter.
Es dämmert der Herbst.
Das Haupttor des Tempels wird
knarrend geschlossen.
Shiki
Diese von Thomas Hemstege übersetzten drei Gedichte fand ich auf seiner Web-Präsenz shiki-haiku.