Haiku der Woche 47 (22. November 2020) – In der Oper
Wagners „Tristan und Isolde“, hatte ich nach dem Besuch einer Aufführung 2005 in Bayreuth geschworen, würde ich mir, wie man so sagt, „nicht noch einmal antun“. Aber dank Corona habe ich es dann doch getan. Die Staatsoper Hannover hat das Stück pandemiegerecht von originalen vier Stunden auf zweieinhalb Stunden gekürzt (was ja einen Gewinn von eineinhalb Stunden Lebenszeit bedeutet) und es „mit einem überzeugenden Hygienekonzept“ präsentiert. Die Aufführung, die ich sah, war die letzte vor dem erneuten Lockdown aller Theater. Ich war auf stark gemischte Eindrücke vorbereitet.
Man gelangte nur über bestimmte Türen ins Theater, ging dann zwischen rot-weißen Plastik-Absperrungen zur Schließerin, um sich von ihr den weiteren Weg erklären zu lassen. Jede zweite Reihe war ganz gesperrt, die anderen durchlöchert, damit man auf den vom Computer errechneten Platz gelangte, ohne anderen Opernbesuchern zu nahe zu kommen. Ganz kurz vor Vorstellungsbeginn erlaubte dieselbe Stimme, die seit Jahren schon um das Abschalten der Mobilfunkgeräte bittet, den Zuschauern das Absetzen der Masken.
Auch die Aufführung selbst war auf Abstand getrimmt, das Orchester auf eine fast kammermusikalische Größe reduziert (es klang trotzdem wunderbar), die beiden Liebenden meist auf durchaus entgegengesetzten Seiten der Bühne. Nur ein – von Wagner nicht vorgesehenes – kalkweißes Butoh-Tanzpaar war recht intim.
Meine Begleiterin und ich, auch das soll hier nicht verschwiegen werden, waren von „Isoldes Liebestod“ zu Tränen gerührt. Von den wenigen Zuschauern gab es viel Beifall.
Der Schlussakkord.
Das Saallicht geht an – wir
setzen Masken auf.
Wolfgang Volpers
Tristan, Isolde
das Vorspiel im Dämmerlicht
draußen Regen
Robert Nett
Das zweite Gedicht ist auf diesen Seiten (ganz geringfügig anders) hier schon einmal veröffentlicht, anlässlich eines Besuches der Bayreuther Festspiele.