D’Annunzio und das Vittoriale

Fassungslos blickt man auf die Altäre der Prioria (D’Annunzios Wohnhaus im Vittoriale), auf denen sich das Lenkrad eines Rennwagens mit Monstranzen und militärischen Trophäen mischt, Altäre, auf denen die Madonna über hinduistischen Gottheiten thront, Altäre, auf denen ihr Erbauer im Grunde nur einen einzigen angebetet hat: sich selbst. Auf dem höchsten Punkt des Geländes befindet sich, auf steinernen Säulen noch über die Sarkophage der Freunde und Getreuen emporgehoben, der Totenschrein des Meisters; in neuerer Zeit hat man ihm Skulpturen seiner Hunde zugesellt, die nun mit ihrem Herrn gemeinsam den herrlichen Blick über den Gardasee genießen. In der Nähe ist der Panzerkreuzer „La Puglia“ in die Erde eingegraben, der D’Annunzio von der italienischen Marine als Geschenk verehrt und mit 20 Eisenbahnwaggons zum Gardasee gebracht wurde.

All das ist ja eigentlich unverdaulich und unerträglich. Aber die hemmungslose Selbstvergottung D’Annunzios ist so grotesk übertrieben (und richtet im Grunde kaum Schaden an), dass man das Miteinander von groben Geschmacklosigkeiten und großen Schönheiten doch irgendwann zu genießen beginnt. Und alles ist in die schönste Landschaft eingefügt: Das Amphitheater, das ja nicht fehlen darf, hat als spektakuläre Hintergrundkulisse die Weiten des südlichen Gardasees.

Der oder das Vittoriale degli Italiani in Gardone Riviera auf dem Westufer des Gardasees ist der ehemalige Wohnsitz des italienischen Dichters Gabriele d’Annunzio, der dort von 1921 bis zu seinem Tod 1938 lebte – von den Faschisten großzügig alimentiert, um den unberechenbaren Mann ruhig zu stellen, zu beschäftigen und so daran zu hindern, die Politik Mussolinis und seiner Kumpane zu stören. Heute werden die Museen und Gärten des Vittoriale von Scharen von Touristen besucht. Außerhalb der Saison, wie im Oktober 2017, als ich das letzte Mal dort war, kann man das Anwesen aber sehr gemütlich und störungsfrei besichtigen. 

Für die beiden Photographien der Altäre musste ich auf Material der Website des Vittoriale zurückgreifen. – Ein Lebensabriss Gabriele d’Annunzios findet sich hier.