Haiku – der dritte Jahrgang
Auf in den dritten Jahrgang mit „Haiku der Woche“… Der Ausgangspunkt ist, wie in den Vorjahren, das Haiku aller Haiku, nämlich Bashōs (1644 – 1694) berühmtes Gedicht vom alten Teich:
Der alte Teich
ein Frosch springt hinein
das Geräusch des Wassers
Bashō
Anhören kann man sich das japanische Original hier, dort findet sich auch ein Old-pond-Comic und ein Bild von einem sehr schönen alten Teich. – Das Gedicht muss sehr schnell sehr bekannt geworden sein, wie die vielen Nachahmungen und Reaktionen nur hundert Jahre später zeigen. Der Zen-Meister Sengai (1750 – 1830) zum Beispiel parodiert Bashōs Haiku auf die einfachst-mögliche Weise:
Der alte Teich
Bashō springt hinein
das Geräusch des Wassers
Sengai
Ähnlich humorvoll reagiert Sengais Zeitgenosse Ryôkan (1758 – 1831), ebenfalls ein Zen-Mönch:
Ein neuer Teich –
nicht einmal der Klang
eines reinspringenden Frosches
Ryôkan
(Herbert Weber, für diese Homepage)
Viele Jahre später. Bernard Einbond (1937 – 1998) dreht die Sache um:
frog pond –
a leaf falls in
without a sound
Bernard Einbond
Von Stephen Addiss (*1935) stammt eine bitter-komische Version, veröffentlicht 1998 in seinem Buch „Haiku People“:
Old pond paved over
into a parking lot
one frog still singing
Stephen Addiss
Eine andere zeitgenössische, aber optimistischere Version des Iren Leo Lavery:
to the frog
at the old well
I whisper „Jump!“
Leo Lavery
Auf ein Neues also. Das Haiku der Woche 1 steht schon bereit, und zwar hier.
Bashōs Ur-Haiku ist hier wiedergegeben in der Übersetzung von Dietrich Krusche. Das Gedicht von Bernard Einbond fand ich hier. Auf Leo Laverys Haiku wurde ich aufmerksam durch einen Aufsatz von Klaus-Dieter Wirth, veröffentlicht in „Sommergras 100“ (der Vierteljahresschrift der Deutschen Haiku Gesellschaft).