„Schafe können sicher weiden“ – Arie aus der Kantate BWV 208
Wenn man ein Musikvideo auf YouTube angeschaut und das Programm nicht rechtzeitig beendet hat, wird man zu einem „ähnlichen“ Video weitergeleitet. Auf diese banale Weise kam ich zu einer für mich bedeutenden musikalischen Erfahrung. Als ich das Gerät gerade zuklappen wollte, begann der Pianist Leon Fleisher eine Bearbeitung der Arie „Schafe können sicher weiden“ zu spielen. Er sitzt fast regungslos in einem Wohnzimmer an seinem Flügel, manchmal sieht man in Großaufnahme den krampfig eingewinkelten kleinen Finger der rechten Hand, die er wegen einer „fokalen Dystonie“ jahrzehntelang nicht vollständig nutzen konnte, gelegentlich runzelt er die Stirn oder scheint etwas vor sich hin zu murmeln. Die Musik, die er mit ungeheurer innerer Spannung und Konzentration spielt, ist von ergreifender und anrührender Schönheit.
Heute weiß ich, dass sie der Kantate „Was mir behagt, ist nur die muntre Jagd“ BWV 208 entstammt, die auch als „Jagdkantate“ bekannt ist, und 1713 aus Anlass des Geburtstags eines Sachsenherzogs komponiert wurde. Hier ist der originale Text – auch wenn wir bei den Bach-Blüten das Stück rein instrumental bringen und den Glauben an die „Sachsenhelden“ und die „guten Hirten“, die uns regieren, nicht zwingend teilen:
Schafe können sicher weiden,
Wo ein guter Hirte wacht.
Wo Regenten wohl regieren,
Kann man Ruh und Friede spüren
Und was Länder glücklich macht.
Schafe können sicher weiden,
Wo ein guter Hirte wacht.
Im Konzert „Bach-Blüten“ (hier geht es zurück zum Hauptartikel) übernimmt die Oboe d’amore Frithjof Tergaus den Gesangspart.
(Foto: W.V.)