Sieben letzte Worte für die einsame Insel

Es ist der Abend des 31. Dezember 2020 – ganz kurz bevor das Jahr zu Ende geht, hier noch einige berühmte letzte Worte.

  1. „Schade, schade, zu spät!“
    Ludwig van Beethoven am 26. März 1827 – er kann die letzte Lieferung Wein nicht mehr genießen.
  2. „O, das schmeckt gut. Danke!“
    Johannes Brahms am 3. April 1897 – zu seiner Krankenschwester, die ihm ein Glas Wein gegeben hat.
  3. „Gott wird mir vergeben, das ist sein Beruf.“
    Heinrich Heine am 17. Februar 1856 – im französischen Original „Dieu me pardonnera, c’est son métier.“
  4. „Scheiße auf die ganze Gesellschaft. Scheiße auf alles, was unwichtig ist.“
    Joan Miró am 25. Dezember 1983
  5. „Die Malerei muss erst noch erfunden werden!“
    Pablo Picasso am 8. April 1973
  6. „I’m bored with all.“
    Winston Churchill am 24. Januar 1965
  7. „Now I shall go to sleep. Goodnight.“
    Lord Byron am 19. April 1824

Für diese Zusammenstellung herzlichen Dank an Thomas-Michael Gribow.

 

 

In seinem Artikel „Botschaften und Bilanzen“ für das „Rotary-Magazin für Deutschland und Österreich“ (Ausgabe November 2021) widmet sich Walter Hömberg ebenfalls berühmten letzten Worten. Seinem Beitrag entnehme ich, dass die obige Nummer 3 (von Heinrich Heine) einen „Wahrheitsgehalt von null Prozent“ hat, also wohl nie ausgesprochen wurde. Aber diese Angaben in Prozentzahlen „suggerieren ja nur eine Pseudopräzision“, und da es mir einerseits um nachdenklich Stimmendes, andererseits um das Besondere geht, ergänze ich die obige Siebener-Liste mit Hömbergs Hilfe um weitere sieben nachdenklich stimmende und besondere letzte Worte, ohne mich darum zu kümmern, ob sie wirklich und wahrhaftig so gesprochen wurden.

  1. 1199 wurde Richard Löwenherz, Herrscher über England und Frankreich, bei einer Belagerung von einem feindlichen Armbrustschützen getroffen. Ein Priester gab ihm die Letzte Ölung – nicht ohne dem sterbenden Feldherrn noch mal energisch ins Gewissen zu reden. Richard solle den „drei schlechten Mädchen, die er aushalte“, abschwören – dem Ehrgeiz, dem Geiz und der bösen Wollust. Damit war der legendäre Herrscher einverstanden: „Ich hinterlasse meinen Ehrgeiz den Templern, meinen Geiz den Mönchen, meine Wollust den Prälaten.“
  2. Niccolò Machiavelli, Diplomat, Historiker und bedeutender Schriftsteller, hatte sich vor seinem Tod im Jahre 1527 auf sein Gut in der Nähe von Florenz zurückgezogen. „Ich will in die Hölle und nicht in den Himmel, da treffe ich nur Bettler, Mönche und Apostel. In der Hölle habe ich die Gesellschaft von Päpsten, Prinzen und Königen.“
  3. Ferdinand Lassalle, der Schriftsteller und sozialistische Politiker, geriet wegen einer Frauensache 1864 in ein Pistolenduell. Er schoss daneben, der Nebenbuhler traf. Auf die Frage des Sekundanten „Sind Sie verwundet?“ sagte Lassalle nur ein Wort, sein letztes: „Ja.“
  4. Egon Friedell, der österreichische Kulturhistoriker und Schauspieler war als jüdischer Intellektueller und kritischer Kopf nach dem sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich gefährdet. Am 16. März 1938 sah er SS-Leute ins Haus kommen und sprang voller Panik aus dem Fenster, rief aber vorher den Passanten rücksichtsvoll zu: „Bitt’ schön, gehn’s zur Seite!“
  5. Albert Einstein starb am 18. April 1955 im Alter von 76 Jahren in Princeton an inneren Blutungen. Einstein lehnte eine (seinerzeit experimentelle) operative Behandlung ab. Nach seinem kreativen und turbulenten Leben zog er eine positive Bilanz: „Ich habe meine Sache hier getan.“
  6. Brendan Behan, irischer Dramatiker, Rebell und notorischer Säufer, wurde vor seinem frühen Tod im Jahre 1964 im Hospital hingebungsvoll von einer katholischen Ordensschwester gepflegt. Sein letzter Wunsch galt dieser Frau: „Mögen alle deine Söhne Bischöfe werden.“
  7. Konrad Adenauer, gestorben 1967 im Alter von 91 Jahren, verabschiedete sich von seiner Familie mit dem Satz: „Do jitt et nix zo kriesche“ – die kölsche Version von „Kein Grund zum Weinen“.

„Letzte Worte“ werden gern als bedeutsame Botschaften an die Nachwelt gedeutet – was sie oft genug nicht sind. Und auch von Geistesriesen ist mehr oder weniger Banales überliefert. Thomas Mann, Nobelpreisträger für Literatur, starb am 12. August 1955, 80 Jahre alt, in Zürich im Beisein seiner Frau Katia. Der letzte Wunsch des Kurzsichtigen: „Gebt mir meine Brille.“ 

Wie werden wohl einmal unsere eigenen letzten Worte lauten?