Sieben Alterswerke großer Komponisten für die einsame Insel
Nach den Sieben Jugendwerken großer Komponisten bringt das Gegenstück, die sieben Alterswerke, einige Schwierigkeiten mit sich – so viele Große sind jung gestorben, oder haben jedenfalls das Rentenalter nicht erreicht.
Mit dieser Liste ist nicht das „Spätwerk eines Komponisten“ gemeint – die Streichquartette ab Nr. 12 schrieb Beethoven mit Mitte Fünfzig, es sind also „späte“ Quartette, aber keine Alterswerke. Auch Bach ist kein Kandidat: Die ersten Arbeiten an der „Kunst der Fuge“ liegen um und nach 1740, sind also ebenfalls Kompositionen eines etwa fünfundfünfzigjährigen Mannes.
Gibt es Merkmale eines Altersstils, die über die Epochen hinausreichen? Am ehesten noch (mit genügend Ausnahmen) eine gewisse Rücknahme der Mittel, eine Tendenz zur Sparsamkeit, ein Verzicht aufs Auftrumpfen. Der ideale Kandidat für meine Liste sind die Metamorphosen von Richard Strauss: kein Riesenorchester mehr (nur 23 „Solostreicher“), ganz individuelle Formidee, zurückgenommen, schwer fassbar im Ausdruck, aber doch wohl: Melancholie des Alters, mit dem Trauermarsch-Zitat aus Beethovens „Eroica“ ganz gegen Ende.
Ein weiterer, achter Kandidat, Schostakowitschs 15. Sinfonie von 1971 (Schostakowitsch war 65 Jahre alt), kommt natürlich auch mit auf die einsame Insel, befindet sich aber bereits hier im Gepäck.
- Georg Philipp Telemann, Markuspassion TVWV 5:52 (1767 – Telemann war 86 Jahre alt, und immer noch offen für Neues)
- Franz Liszt – Sinfonische Dichtung „Von der Wiege bis zum Grabe“ (1881/82 – Liszt war 71 Jahre alt)
- Richard Wagner, „Parsifal“ (1882 – Wagner war bei der Uraufführung 69 Jahre alt)
- Giuseppe Verdi, „Falstaff“ (1893 – Verdi war bei der Uraufführung 80 Jahre alt)
- Johannes Brahms, „Vier ernste Gesänge“ op. 121 (1896 – Brahms war 63 Jahre alt)
- Richard Strauss, „Metamorphosen für 23 Solostreicher“ (1945 – Strauss war 81 Jahre alt)
- Igor Stravinsky, „Requiem Canticles“ (1966 – Stravinsky war 84 Jahre alt, das Werk wurde 1971 bei seiner Beerdigung gespielt)